Donnerstag, 22. Juni 2017

Badische Zeitung vom 27.05.2017 Informationsabend über erfolgversprechendes Tourismusmarketing

Bad Bellings Bürgermeister Christoph Hoffmann hat zum Informationsabend zum örtlichen Tourismusmarketing geladen. Der Tenor der am Mittwochabend bei den Anwesenden war eindeutig: Es geht nur gemeinsam.
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2.    Markgräflerland bei Bad Bellingen, Hellberg Foto: Jutta Schütz
BAD BELLINGEN. Tourismus ist für das Markgräflerland – neben dem Wein – ein enormer Wirtschaftsfaktor. Allemal ein Grund für Kommunen der Region, sich fortwährend mit den Möglichkeiten der touristischen Vermarktung des Markgräflerlandes zu befassen. Dies geschah am Mittwochabend im Bad Bellinger Kurhaus. Im Vorfeld hatte diese Info-Veranstaltung im nördlichen Teil des Markgräflerlandes für Aufmerksamkeit gesorgt, war doch die Werbegemeinschaft Markgräflerland zumindest offiziell nicht dabei. Ein Tenor am Mittwoch: Erfolgversprechendes Tourismusmarketing geht nur gemeinsam.
Initiator der Info-Veranstaltung über Tourismusvermarktung ist Bad Bellingens Bürgermeister Christoph Hoffmann. Er hatte drei Fachleute eingeladen, die dem – allerdings in eher bescheidener Anzahl erschienenen – Publikum darlegten, was es an Möglichkeiten in einer "interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich des Tourismusmarketings" gibt. Die Fachleute waren Stefan Wirbser, Bürgermeister von Feldberg, Thorsten Rudolph, Geschäftsführer der Hochschwarzwald Touristik GmbH (HTG), zu der auch Feldberg gehört, und Valentin Weislämle, Professor und Leiter des Studiengangs Touristik an der Dualen Hochschule in Lörrach.

Drei Bürgermeister unter den Besuchern

Hintergrund der Info-Veranstaltung, so ist in der Einladung dazu nachzulesen, "sind Überlegungen der Bürgermeister der Gemeinden Bad Bellingen, Binzen, Kandern, Efringen-Kirchen und Schliengen, ob ein gemeinsames Tourismusmarketing für alle Kommunen Vorteile bringen würde." So waren denn auch die drei Bürgermeister Andreas Schneucker (Binzen), Philipp Schmid (Efringen-Kirchen) und Christian Renkert (Kandern) unter den rund drei Dutzend Anwesenden im Kursaal. Unter den Besuchern war übrigens auch Alexander Horr, Geschäftsführer der Badenweiler Thermen und Touristik GmbH. Badenweiler gehört, wie auch Schliengen, Bad Bellingen, Kandern und Efringen-Kirchen, zur zwölf Gemeinden umfassenden Werbegemeinschaft Markgräflerland, womit diese Region bereits über eine Struktur fürs interkommunale Tourismusmarketing verfügt. So stellt sich durchaus die Frage, warum es künftig womöglich zu einer zweiten, vielleicht konkurrierenden derartigen Struktur im südlichen Markgräflerland kommen sollte. Gibt es doch das Argument, wonach eine touristische Vermarktung nur mit dem Markgräflerland als Ganzes funktioniert.

Doch darum ging es am Mittwochabend nicht. Bad Bellingens Bürgermeister Hoffmann, bekanntlich auch FDP-Bundestagskandidat, hatte im Vorfeld der Veranstaltung erklärt, dass sich dieser reine Info-Abend gegen niemanden wendet. Im Kursaal führte er eingangs aus, dass das Markgräflerland viel touristisches Potenzial hat: etwa die Balinea Therme, den Wein, das milde Klima, die tolle Landschaft, Burgen, Schlösser, die Fasnacht, die landwirtschaftliche Produktion, Museen und vieles mehr. Auch bei der Vermarktung dieser Attraktionen werde manches unternommen, etwa auf Messen. Aber: "Wir haben nicht ganz die Durchschlagskraft, die wir haben sollten." Es gelte also, die Kräfte zu bündeln.

Feldbergs Bürgermeister Wirbser berichtete dann quasi in Form von Anschauungsmaterial über seine Erfahrungen mit der touristischen Vermarktung des Hochschwarzwaldes mittels der Hochschwarzwald Touristik GmbH. Seit über acht Jahren offenbar eine Erfolgsgeschichte. Da gründeten zur Bündelung der touristischen Kräfte zehn Kommunen zunächst einen Zweckverband, der dann die GmbH ins Leben rief. Dies musste dann mit begrenzten finanziellen Mitteln eine höhere Wertschöpfung erreichen. Wichtig sei es, die Region als Ganzes zu vermarkten. Der Gast, so Wirbser, kenne keine Gemeindegrenzen. Von Bedeutung sei auch, dass die im Tourismus tätigen privaten Unternehmen einbezogen werden. Stetige Investitionen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. All dies führte laut Wirbser dazu, dass der Zweckverband wuchs und die HTG inzwischen bis in den Landkreis Waldshut hinein tätig ist.

Diese Bündelung der Kräfte ist aus Wirbsers Sicht auch für das Markgräflerland das Richtige. Die einzelne Gemeinde sei zu wenig bekannt. Auch das Kulturgut Wein allein reiche nicht aus. Es müsse, ähnlich den Begriffen Schwarzwald beziehungsweise Black Forest, eine gemeinsame Marke gefunden werden. Und die einzelne Gemeinde müsse sich zurücknehmen. Die Gemeinde verliere so zwar an eigener Entscheidungskompetenz, gewinne aber in der Region als Mitentscheider.

HTG-Geschäftsführer Rudolph präzisierte in seinem Vortrag den Begriff der touristischen Marke und dessen Bedeutung. Und er wies auf die fortschreitende Digitalisierung im Tourismus hin. Die Marke bringt demnach quasi das touristische Image einer Region auf den Punkt. Der Hochschwarzwald, dem in der Vergangenheit das leicht angestaubte Image von Schwarzwaldmädel, Bollenhut, Kuckucksuhr und Schwarzwälder Kirschtorte anhaftete – Dinge die aber heute noch ihre Gültigkeit haben –, ist heute moderner. Die Stichworte: Sport, erleben, genießen und Geselligkeit. Entsprechend sind die Zielgruppen definiert, auf die sich die HTG mit ihrer gebündelten Finanzkraft richtet. Das erfordere allerdings eine Freiheit von politischen Zwängen. Und noch etwas ist laut Rudolph wichtig: Spitzenleistung. Mit durchschnittlichen Angeboten und Leistungen komme man beim Kunden nicht mehr an. Aha-Effekte seien gefragt. Rudolph sprach in diesem Zusammenhang auch vom Erzeugen von Begehrlichkeiten. Und man müsse den Mut haben zu sagen: "Wir können nicht alles, aber was wir können, das machen wir Spitze." Der Kopf merke sich Spitzenleistungen. Das führe dann aber auch zu mehr Übernachtungen und einer höheren Rentabilität.
Besonderes Instrument Hochschwarzwald Card

Als ein besonderes Instrument stellte Rudolph die Hochschwarzwald Card vor. Eine führende All-Inclusive-Card in Deutschland. Damit sind laut HTG-Geschäftsführer 100 Attraktionen in der Region täglich kostenlos von der zweiten Nacht an nutzbar. 380 Gastgeber machen da mit. 2016 gab’s 665 000 Nutzungen, eine Steigerung seit 2011 von gut 37 Prozent. Rudolph zählte noch etliche weitere Angebote auf, die der Hochschwarzwald bietet und fasste dann zusammen, dass die Ferienregion ihren Umsatz seit HTG-Gründung von 3,5 auf zwölf Millionen Euro gesteigert hat. Die Zahl der Mitarbeiter stieg von 40 auf 100, die Zahl der Übernachtungen von 2,5 auf 3,7 Millionen. Und der Altersdurchschnitt der Besucher sank von 50 auf 41 Jahre. Die Markenbekanntheit liege bei 74 Prozent.

Professor Weislämle stellte fest: Im Markgräflerland sei man noch weit entfernt von den Leistungen, welche die HTG bringe. Auch er setzt auf touristische Kooperation, freiwillig und auf Augenhöhe. Das vermeide ruinösen Konkurrenzkampf, schaffe Synergien, gemeinsame Profilierung und gemeinschaftliche Finanzierungsmöglichkeiten. Partner seien einzubinden und schrittweise, an realisierbaren Zielen orientiert, vorzugehen. Zudem seien ein klares Marketing und ein strategische Führung nötig. Die ersten Schritte: Man brauche einen "Kümmerer", also jemanden, der die Sache in die Hand nimmt. Allerdings auch Projektgruppen und ein erstes Handlungskonzept sowie einen externen Moderator.


Bürgermeister Hoffmann versprach: Er will der "Kümmerer" sein. Und er blickte voraus: Es werde ein langer Weg und harte Arbeit. Allerdings sei es für Entscheidungen zu früh. Und ohne zu viel vorwegzunehmen deutete Hoffmann an, er halte eine Art Tourismus-Geschäftsführer für das Markgräflerland für denkbar. Der BZ sagte es am Schluss der Veranstaltung, er wolle am Ball bleiben und im Bürgermeistersprengel Markgräflerland Süd weiter darüber reden. Eventuell könnten neue Interessenten dazukommen. Die Diskussion solle in den kommenden Monaten in die jeweiligen Gemeinderäte getragen werden.


Was nun aus Hoffmanns Initiative – beispielsweise auch mit Blick auf einen Zweckverband – wird, bleibt also abzuwarten.